Pastafari entern den evangelischen Kirchentag
Am Mittwoch, dem 07.06.2023 machten sich drei tapfere Pastafari: Bruder Mayo, Margaritos von Bucatini und Tini Tortellini, auf den Weg nach Nürnberg, um beim dortigen Kirchentag einen Infostand zu errichten und zu betreiben, um über unseren Verein und unsere Ziele aufzuklären.
Wie kommt man als kirchen- und religionskritischer Verein auf den evangelischen Kirchentag?
Ja, das wurden wir von so einigen Kirchentagsteilnehmern gefragt. Es war so:
Bruder Mayo hatte im Internet eine Ankündigung des Kirchentags gefunden, dass man sich für die Teilnahme am dortigen “Markt der Möglichkeiten” bewerben könne. Kurzentschlossen haben wir uns beworben, halb in dem Glauben, dass wir sowieso abgelehnt würden und sich daraus ein schöner Artikel für unsere Internetseiten und andere Medien, Thema in etwa: “Es ist nicht weit her mit der religiösen Toleranz beim evangelischen Kirchentag” ergeben könnte.
Wider Erwarten wurde unsere Bewerbung jedoch angenommen. Hä? Haben die sich vielleicht gar nicht über uns informiert?
Aber es kam noch besser
Im Laufe der Planungsvorbereitungen bewarb sich Bruder Mayo dann sogar noch für die Position der Marktleitung der Halle 4, in der sich unser Stand befinden sollte. Wir hatten als Begründung für seine Bewerbung auf den Posten angegeben, dass wir „Das Ansehen der Piraten verbessern wollen, da diese oftmals völlig falsch dargestellt werden“. Dazu gab es zwar verwunderte Nachfragen, aber offenbar verfing das Argument und Bruder Mayo wurde gewählt.
So machten wir uns also eilig daran, unsere Propagandamittel für die Messe aufzustocken, Unterkünfte zu besorgen und noch eine piratige Palme für unseren Stand zu organisieren. Letztere sollte mit ihren 3,50 Metern Höhe uns und den Teilnehmern als Orientierungspunkt dienen, wie das auch bei Schatzkarten so üblich ist. Außerdem durften wir ja annehmen, dass wir durch unser Auftreten so manchen Christen auf dieselbe bringen.
Tatsächlich erlaubt waren nur 2,50 m hohe Aufbauten, alles andere musste gesondert beantragt werden, aber auch das war bei unserer Anfrage kein Problem. Offenbar hatte man die Einsicht, dass Palmen als Orientierungspunkte sinnvoll sind.
Als wir am Mittwoch ankamen, sahen wir von weitem schon unsere Palme, vielen Dank an „Grünes Zentrum Krottenbach“ für den einwandfreien Bring- und Abholservice. Der Standaufbau ging rasch von der Hand. Unser für Demos und Prozessionen genutztes Propaganda-Equipment hatten wir etwas umstrukturiert und damit den Stand ordentlich piratig dekoriert. Zu unserer Belustigung bekreuzigten sich ein paar vorbeihuschende Kirchentagsteilnehmer beim Anblick unseres Standes. Wussten die etwa wer wir sind – und wenn ja: Woher?
Piratige Angebote für die Kirchentagsteilnehmer
Als Angebote für die Kirchentagsteilnehmer sollte es Nudelmessen, ambulante Enttaufungen mit dem bewährten “Debaptizer 2000”, live Wasser-zu-Bier-Wandlungen und natürlich Gespräche mit uns Pastafari-Piraten über die Ziele unseres Vereins geben.
Der erste Kirchentag-Tag, da waren wir schon 5 … 6! Pastafari
Gleich am ersten Tag bekamen wir Unterstützung von zwei weiteren Pastafari, ein piratiges DANKE an Frau Mahlzahn & Bruder Smutje, und das war sehr gut so, denn unser Stand war von Anfang an stark frequentiert. Gegen Nachmittag verstärkte Bruder Cannellonus lautstark unser Team: „Am Anfang war das Wort. Und das Wort war: ARRRRGH!“.
Zur gleichen Zeit war Gisa Bodenstein* vom Humanistischen Pressedienst (HPD) bei uns, um einen Bericht zu produzieren. Wir fanden, das ist jetzt die richtige Zeit für eine
Erste Wasser-zu-Bier-Wandlung
Der irdene, noch leere Krug, der uns als Wandlungsgefäß dienen sollte, wurde umstehenden Kirchentagsteilnehmern gezeigt. Bruder Mayo sprach die Worte der Wandlung und beim Wasser einfüllen baten wir unser geliebtes Spaghettimonster, es möge dieses Wasser zu Bier wandeln. Mehrmals zeremoniell umgerührt schäumte das – nun Bier – auf und da geschah es: Ein lauter Knall, danach ein Donnern erklang, was alle Umstehenden zutiefst erschreckte. In unserem Krug war nun Bier, welches sogleich Zuschauern zum Kosten gereicht wurde. Die fanden das Getränk sehr gut und meinten es erinnerte sie an Zitronen-Radler. Die Wandlung wurde also vollzogen und wir waren glücklich.
Später erfuhren wir, dass der Knall von einem in Halle 2 eingeschlagenen Blitz stammte. Und das Donnern hatten wir einem Unwetter, das sich über Nürnberg mit Starkregen und Hagel entlud zu verdanken.
Es wirkte also: Sechs Piraten auf einem Fleck wirken abkühlend auf das lokale Klima! Biereluja!
Der Blitzeinschlag war aber wohl auch eine Ermahnung unseres geliebten Spaghettimonsters, es mit den Wundern nicht zu übertreiben.
Bruder Mayo als Verantwortlicher in der Marktleitung
Bruder Mayo war also in die Marktleitung gewählt worden. Das bedeutete: 2 Stunden täglich im Infostand für die Besucher da sein. Er musste sich z.B. den ganzen Frust der Leute über die löchrige Organisation anhören: „Wieso gibt es diesmal keine Papierpläne mehr, nur noch eine App? Ich habe gar kein Handy!“ Oder „Wo kann ich hier mein Handy aufladen?“
Hahahah! Alles läuft über Handy-App aber keine Möglichkeit das Ding aufzuladen…
Aber am komischsten war, dass er in dem Info-Stand so dermaßen mit seiner Piratenerscheinung dominierte.
Der zweite Kirchentag-Tag
Applaus für die Pastafari! Oder nicht?
Dieser Tag sollte am anstrengendsten werden, obwohl schon der Start mit Applaus für uns begann. Auf dem Weg zu unserem Stand mussten wir durch einen großen, mäßig gefüllten Saal. Als wir den betraten, hörte der Redner auf zu reden und die Leute applaudierten…
Der Redner war übrigens Markus Söder. Nunja. Kann passieren.
Starkes Interesse an unseren Angeboten
Am 2. Kirchentags-Tag kamen auffällig viele Religions- und andere Lehrer zu uns. Ziemlich oft mit der Bemerkung:
“Zitat: Meine Schüler haben von euch erzählt und da wollte ich mich informieren. Schön, dass ihr hier seid.”
Andere Schulen oder Klassen führten eine Art Schnitzeljagd mit Stift und Schreibblock durch und kamen an unseren Stand um uns mit Fragen zu löchern.
Ambulante Enttaufungen mit dem Debaptizer 2000
Oben unerwähnt, führten wir schon am ersten Tag ambulante Enttaufungen mit dem Debaptizer 2000 durch. Das war zu lustig: Die erste Enttaufte jubelte nach der Prozedur: “Hurraaa! Jetzt bin ich nicht mehr katholisch getauft!” Lustig auch, dass sich die Kirchentags-Besucher reichlich an unserem Propaganda-Material bedienten. Unsere Tassen mit Piratenfisch- und pastafari.eu-Gravur, Sticker, Flyer und Ansteckbuttons waren sehr begehrte Artikel. Manche Kirchentags-Besucher steckten sich die Button mit unserem geliebten Spaghettimonster-Logo direkt neben ihren umgehängten Kirchentags-Schal. Und bei den ambulanten Enttaufungen gab es obendrein eine Piratenfisch-Bandana, mit der die Kirchentagsteilnehmer dann auch durch die Hallen liefen.
Und wir? Wir haben uns bei alledem köstlichst amüsiert!
Zitat einer Besucherin: “Ach hier seid Ihr! Ich habe euch schon gesucht, habe in der U-Bahn gehört, dass ihr hier seid!”
Feierabend? Denkste!
An allen drei Tagen waren wir sehr gut besucht. Und immer am längsten anwesend an unserem stets belagerten Stand. Selbst als die Stand-Nachbarn gg 18:30 Uhr zum Marktende schon gegangen waren, waren wir noch bis gg 19:30 Uhr in Gespräche mit Besuchern vertieft. Genauso, wenn wir in unserer Piratenkluft durch die Hallen liefen: Immer haben uns Besucher oder andere Standbetreiber aufgehalten und in Gespräche verwickelt: Was seid ihr? Piraten? Was sind Pastafari? Warum macht ihr das? Können wir ein Foto mit euch machen? Und so weiter.
Der 3. Tag auf dem Evangelischen Kirchentag in Nürnberg
Der 3. und letzte Tag auf dem Markt der Möglichkeiten auf dem evangelischen Kirchentag in Nürnberg lief im Prinzip wie der erste und zweite Tag.
Wir hatten viele Gespräche mit Besuchern, haben viel erklärt, diskutiert und gelacht. Und natürlich reichlich unsere Button, Sticker und unser Flyer “Wer wir sind” und “Unsere Ethik” verteilt. Dabei haben wir immer wieder auf das Buch Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters (ISBN: 978-3-442-54262-8) unseres Propheten Bobby Henderson hingewiesen und daraus zitiert. Und am Nachmittag hat uns noch Pastafari Luzifer III. Dramen Rex unterstützt, piratigen DANK dafür!
Ein Anekdötchen: Ein netter Herr kam an den Stand und fragte, ob er eine Tasse mit der Piratenfisch-Gravur haben kann. Klar, kann er. Aber eigentlich, meinte er zaghaft, brauche er drei. Er sei katholischer Religionslehrer, eine will er für sich haben, eine für seinen Freund, einen evangelischen Pfarrer, der ihm das Buch Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters geschenkt hatte. Und die dritte möchte er für seine Tochter, die aus der Kirche ausgetreten sei. Da hätte er wohl “bei der Erziehung etwas falsch gemacht – oder richtig.” meinte er augenzwinkernd. Und hinter vorgehaltener Hand: “Im Herzen bin ich Pastafari – aber mein Gehalt bezahlt die Kirche.”
Sachen gibt’s!
Nach dem 3. Tag, wieder voller Gespräche, wir haben wirklich manchmal zwei Stunden am Stück geredet, waren wir platt, haben dann noch den Stand abgebaut und unsere Sachen sortiert.
Aber schon abends beim wohlverdienten Bier hat der Vorstand der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters e.V. einstimmig beschlossen: Das machen wir wieder. Und wir machen es noch besser! Schließlich wissen wir ja jetzt, wie es geht 😉
Highlight: Die erste Kinderbibel des Fliegenden Spaghettimonsters
Druckfrisch und gerade rechtzeitig geliefert, hatten wir ein Exemplar der ersten pastafarianischen Kinderbibel zur Ansicht ausgelegt. Das hübsche bunte Buch der Autorin Daniela Wakonigg und des Zeichners Joachim Sohn zog die Blicke der Besucher an. Manche sind wegen dieses “Eyecatchers” erst an den Stand gekommen. Viele Kirchentagsbesucher blätterten aufgeschlossen und belustigt durch das Buch, schmunzelten beim Lesen und nahmen sich die Werbeflyer für das Buch mit. Auch für die oben schon erwähnten Religionslehrer und -lehrerinnen schien es eine sehr willkommene Idee und Zuarbeit für den Unterricht. Ich schätze und hoffe, dieses nette, gelungene Buch wird Einzug in viele Religionsstunden und Kinderzimmer finden.
Eine Rezension von Bruder Spaghettus zur Kinderbibel gibt es hier: Das Fliegende Spaghettimonster – Die Kinderbibel
Fazit und Erkenntnisse
Auffällig war, dass wir von sehr vielen jüngeren Kirchentags-Besuchern Verständnis für unsere Anliegen erfuhren. Wenige ältere waren skeptisch. Auffällig auch, dass sich sehr viele Teilnehmer sehr kritisch zu ihrer Kirche äußerten. “Die Basis will Veränderungen, aber die da oben…” so hörten wir es oft.
Von anderen Standbetreuern, rund um uns verteilt waren etwa “die Linke”, der Verein Kriegsgräberfürsorge, FDP, kam auch: “Ich bin schon 2012 ausgetreten aus der Kirche, aber habe mich hier bereit erklärt, macht ja sonst keiner.”
Das große Interesse an unserem Stand kann ich mir nur dadurch erklären, dass viel mehr Leute eigentlich fertig mit ihrer Kirche sind. Es ist vielleicht noch irgendwie eine Art Folklore, denn ‘das war ja schon immer so und so richtig weh tut es ja auch nicht’ oder so. Für viele waren wir auch eine willkommene, lustige Abwechslung. Wir können wohl mit Fug und Recht behaupten, dass unser Stand der am meisten fotografierte war. Wir selbst haben uns zu unzähligen Fotos zusammen mit Besuchern unter unserer Palme mit unserem Banner zur Verfügung gestellt.
Also nochmal: Das machen wir wieder – so man uns lässt.
Biereluja!
Lesetipp: Gisa Bodenstein* vom Humanistischen Pressedienst (HPD) schrieb auf der HPD-Website zum Kirchentag: 40 Prozent weniger Besucher beim Kirchentag in Nürnberg
Es wird in den nächsten „Wort zum Freitag“-Artikeln noch ein paar Anekdoten und Geschichten geben! Zum Beispiel was es mit unseren Angeboten der Nudleopathie auf sich hat. ALSO DRANBLEIBEN! EINSCHALTEN LOHNT SICH!
Paradoxe Intervention? Christen auf die Palme zu bringen? War es nicht Jesus selbst, der die Jünger fragte: wollt ihr nicht auch gehen? Und wer es wie Petrus innerlich ergriffen hat, antwortet: wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Übrigens habe ich Euren Stand auch gesehen und dachte ihr seid Werbung für die Piraten von Playmobil… Entschuldigung🥳nur Spaß….
„War es nicht Jesus selbst, der die Jünger fragte: wollt ihr nicht auch gehen? Und wer es wie Petrus innerlich ergriffen hat, antwortet: wohin sollen wir gehen?“
Was bitte?! Ist das aus diesem Bibel-Märchenbuch und: WHAT THE FUCK?!?!?!!!elfzwölf!! – Du glaubst die Story?
Bieroluja🥳
Der Religionslehrer hat mich sehr an meinen altern Religionslehrer erinnert.
War quasi kulturübergeifende Religionsgeschichte/-philosophie, genau wie das Fach Sinn macht.
😊😊😊😊😊
D-A-N-K-E🥰
Voll_Interessant & lehrreich 🤓
RAmen!