Unsere Kirche wächst und wächst. Das sieht man nicht nur an der Facebookseite mit 13000 Followern, das zeigt sich auch im Verein. Dort sind wir weit über 500 Mitglieder. Aber natürlich gibt es auch immer wieder mal jemand, der aus dem Verein austreten möchte. Bei uns gibt’s da keine Hürden und eine einfache Mail genügt. Gelegentlich gibt es aber nicht nur die, sondern auch eine Begründung.
Manche, wie die von T.D., kann man einfach nur akzeptieren: „Anlässlich des Grauens in der Welt kann ich nicht mehr an ein gütiges und gnädiges Spaghettimonster glauben, das das einfach so zulässt und köstlich duftend weiterfliegt“.
Na ja, man kann sich schon auch wünschen, dass Juden, Christen und Muslime ähnlich konsequent wären.
Manchmal gibt es aber auch Begründungen, die zum Nachdenken anregen, wie die von D.G.:
„Ich habe nachgedacht und möchte gern hiermit meinen Austritt aus unserer Kirche erklären.
Und zwar deshalb, weil ich die naturalistische Weltanschauung eigentlich doch nicht teilen kann.
Ich denke, alles mögliche könnte sein, wir wissen aber nur sehr wenig. Was „nicht mit rechten Dingen zugeht“, wird vielleicht irgendwann simpel erklärbar, und sollte deshalb nicht pauschal weggeleugnet werden. Will sagen, vielleicht gibt es ja doch Elfen, Trolle, eine göttliche Existenz etc., Dinge, die über unseren momentanen Verstand und unsere jetzigen Wahrnehmungsfähigkeiten hinausgehen. Ich empfinde es als dogmatisch, diese Dinge ausschließen/ausblenden zu sollen, und die Wikipedia-Formulierungen zum evolutionären Humanismus zwar in die richtige Richtung gehend, gerade im Hinblick auf die Abgrenzung zu den unmöglichen Absolutheitsansprüche und Dogmen religiöser Lehren und alter Aberglauben, aber eigentlich sollte eine spirituell neutrale Grundhaltung noch darüber hinausgehen und nicht an der Grenze unseres Verstandes halt machen.
Dennoch schätze ich die Arbeit des Vereins sehr und, wer weiß, wenn es irgendwann wieder passt, bin ich gerne wieder dabei.
Viele Grüße“
Aus dieser Erklärung ergeben sich für mich besonders zwei Fragen:
1. Müssen wir wirklich davon ausgehen, dass es doch Elfen, Trolle und eine göttliche Existenz geben könnte?
2. Kann man mit einem solchen Standpunkt nicht mehr Mitglied des KdFSMD e.V. sein?
Bei der ersten ist euch vielleicht schon aufgefallen, dass ich den Teilsatz „Dinge, die über unseren momentanen Verstand und unsere jetzigen Wahrnehmungsfähigkeiten hinausgehen.“ nicht mit übernommen habe. Einfach deshalb, weil das doch ziemlich unstrittig ist und nicht erörtert werden muss. Unsere Wahrnehmung ist voller Fehler und Lücken und unser Wissen ebenso.
Allerdings sehe ich deshalb keinen Grund, ständig davon ausgehen zu müssen, in diesen Lücken könnte sich all das verstecken, was Religiöse nutzen, um die zu schließen. Vielmehr liegt genau darin für mich die Erwartung, mit fortschreitender Erkenntnis und verbesserter Wahrnehmung, z.B. durch technische Geräte, wird das auf naturalistischem Weg geschehen.
Viele gehen davon aus, dass man Götter und ähnliches nicht widerlegen könnte. Das halte ich für falsch. Es kommt einfach darauf an, wie genau diese definiert sind. Die einfache Behauptung: „Es gibt Götter“ lässt sich nicht widerlegen. Ohne Definition ist das völlig beliebig.
Anders bei Elfen, Trollen und dem Gott der Abrahamiten.
Letzterer soll allmächtig sein. Allmacht gibt es aber nicht, also auch nicht diesen Gott. Das zeigt schon die alte Frage: Kann Gott einen Stein erschaffen, den er selbst nicht heben kann.
Dieser Gott ist auch allwissend. Das heißt nicht nur, er wüsste schon jetzt bis ans Ende aller Zeiten ganz genau und bis in die kleinste Einzelheit, was da so passiert. Das heißt auch, wenn schon alles vorherbestimmt ist, hat dieser Gott selbst keine Entscheidungsfreiheit mehr. Er ist in seinen Handlungen an diese feststehende Zukunft gebunden und alles andere als allmächtig.
Deshalb bin ich sicher, wir müssen nicht davon ausgehen, dass Elfen, Trolle und eine göttliche Existenz in dem Sinne, wie sie allgemein verstanden wird, wirklich existieren. Dieser Schluss ergibt sich, wenn wir Ockhams Rasiermesser ansetzen.
Bei der zweiten Frage geht es um Agnostik. Die gibt es in vielen Ausprägungen. Epikur hat die Götter in eine Zwischenwelt gesteckt, in der sie sich nur mit sich selbst beschäftigen und deren Tun nicht den mindesten Einfluss auf die Menschen hat. Könnte man mit dieser Sicht nicht auch sagen, auf Erden geht alles natürlich zu? Ich denke schon.
Es kommt darauf an, ob jemand an Götter glaubt oder für möglich hält, die aktiv in das Geschehen auf Erden eingreifen. Das schließt ein, auch als Agnostiker kann man, je nach Ausprägung, durchaus mit unseren Ansichten und Regeln leben.
Aber es gibt auch Agnostiker, die zwar sagen, wir wissen nicht, ob Götter existieren, aber wir glauben trotzdem an sie. Damit ist in der Regel der abrahamitische Gott gemeint. Für die dürfte es schwer sein, sich mit uns anzufreunden. Sie hätten nicht die Möglichkeit, zu unserem Satzungsziel zu stehen und kommen somit auch nicht als Mitglied in Frage.
Eine Sonderform bilden die Agnostiker, die die Annahme der Nichtexistenz von Göttern für genau so falsch halten, wie den Glauben an sie. Sie halten es für unnötig, in dieser Frage überhaupt Position zu beziehen.
Zweifellos eine edle Ansicht, aber keine praxistaugliche. Vielleicht können auch wir uns die, zumindest in Mitteleuropa, irgendwann einmal leisten. Solange jedoch religiöse Organisationen und der Glaube selbst noch solchen Einfluss auf die Gesellschaften ausüben, halte ich das, was wir tun und wie wir denken, für absolut notwendig.
Aber es ist schön zu hoffen, einmal dorthin zu kommen, wo wir uns selbst überflüssig gemacht haben.
Ich freue mich, dass das Thema diskutiert wird!
Ich bin diejenige, die die mail verfasst hat, und danke Bruder Spaghettus sehr, dass er das Thema kritisch aufgreift und die Mitglieder seiner Kirche nicht einfach so von dannen ziehen lässt! Ich glaube, am meisten irritiert hat mich unser neuer email-„Schwanz“, in dem die „Regeln aus der gelebten Praxis“ erwähnt werden.
Die agnostische Haltung halte ich tatsächlich für die offenste. Und nicht nur bezogen auf das Nichtwissen um eine göttliche Existenz (diese wird also weder angenommen noch ausgeschlossen), sondern auch bezogen auf das NICHTWISSEN um die wahre Natur der Welt/des Universums. Wir wissen kaum etwas. Wir können also auch kaum Annahmen treffen bezüglich der Angelegenheiten, die über unseren Horizont hinausgehen.. Dazu gehört auch die Frage, ob es ein Leben vor oder nach dem Tod gibt, oder ob von uns nach dem Tod etwas anderes als der tote Körper übrigbleibt- ob es eine „Seele“ geben mag oder nicht, etc. Es mag Dinge im Universum geben, die wir uns einfach nicht vorstellen können, die wir vielleicht auch nicht in absehbarer Zeit mit erweiterter Technik zu fassen bekommen, weil unser vierdimensional angelegtes menschliches Wesen dafür einfach nicht die Voraussetzungen mitbringt. Diese Annahme halte ich sogar für wahrscheinlich, weil die Forschung in den Naturwissenschaften an so viele Grenzen kommt, die aufzeigen, dass unser vierdimensionales Denken nicht ausreicht- dazu gehört der Teilchen-Welle-Dualismus, dann die ganzen „Konstanten“, die willkürlich eingefügt werden in der Physik, damit die Formeln stimmig sind, die Forschungsbereiche und Berechnungen, die sich mit mehrdimensionalen Ebenen beschäftigen, und viele andere Angelegenheiten an den Grenzbereichen unseres Verstandes. Die ganzen logikbasierten Überlegungen bezüglich der „Beweise“ einer göttlichen Existenz oder Nichtexistenz bewegen sich auch in unserem vierdimensionalen Verstand. Die naive Idee von einem „Gott“ überhaupt ist auf unserem vierdimensionalen Mist gewachsen. Es ist einfach müßig und meiner Meinung nach auch eigentlich überflüssig, sich darüber so viele Gedanken zu machen. Selbstverständlich werden alle naiven von Menschen erdachten Vorstellungen bezüglich einer göttlichen Existenz die Wahrheit des Universums vermutlich nicht treffen! Ergo sind vermutlich alle Religionen, die eine naive vierdimensionale Lehre bezüglich der Machart des Universums beinhalten, auf dem Holzweg,. Auch der naturalistische Atheismus bildet nur eine menschliche, vermutlich nicht die Wahrheit treffende, Vorstellung vom Universum ab. Und ich kann mir vorstellen, dass die eine oder andere „übersinnliche“ Erscheinung, über die so berichtet wird, nicht mit Verstandesmitteln erklärbar ist, auch keine Einbildung war, sondern vielleicht eine Überschneidung mit Welten/Angelegenheiten, die uns Menschen nicht so recht zugänglich sind. Hier macht sich leider die Esoterik breit mit diversen Vorstellungen, die leider auch teils dogmatisch gelehrt werden (weil es ja gechannelt wurde von irgendwelchen wichtigen Geistwesen) und unkritisch angenommen werden. von den begeisterten Anhängern. Schade um den geistigen Freiraum, der damit wieder verloren geht.
Ich glaube, wenn wir die „Regeln der gelebten Praxis“ weniger betonen könnten, die nur für einige von uns gelten, und die ein ZWEIFELN bezüglich bestimmter Annahmen nicht zulassen und deshalb in meinen Augen den Auftrag des Vereins ins Absurde führen, könnte ich mich im Verein wieder wohler fühlen- was meint Ihr??
Der Respekt vor diesem NICHTWISSEN, was unsere Welt ausmacht, war mir immer sehr wichtig und hat mich auch in unsere Kirche getrieben- endlich ein Verein, in dem ZWEIFEL erlaubt und gewünscht ist. Das soll so bleiben. Viele Grüße, Dunja