Und so ergab es sich, dass im Jahre anno 2019 zum 22. Juni die evangelische Kirchengemeinde ihre Anhänger zu einem großen Fest des Unglaubens zu Dortmund einlud, um ihren falschen Gott zu lobpreisen und zu ehren. Anlass genug, alle Piraten der 7 Meere auf ihren freibeuterischen Zügen anzurufen und zu einer Aktion zur Bekehrung zum wahren Glauben all dieser fehlgeleiteten Seelen zu verhelfen. Keine Kosten scheuend, jedem Sturm trotzend, eilten die Piraten auf dem schnellsten Wege ins lasterhafte Dortmund, um sich zu versammeln. Als Treffpunkt wurde die Schauburg gewählt, welche dem parallel zum evangelischen Kirchentag stattfindenden Ketzertag als abendliche Kundstätte für säkulare Vorträge und Diskussionen diente. So lief bis 14.00 Uhr ein Grüppchen von mehr als 20 statthaften und motivierten Piraten zu ihrem Prozessionszug durch Dortmund eben hier ein. Es sei freudig erwähnt, dass wir damit eine Mobilisierungsquote von über 4% erreicht haben, wovon die evangelischen Christen mit ihren mickrigen 0,57% nur träumen können.
Fotos von © Daniela Wakonigg
Nach kurzer Absprache und folgender Formierung des Zuges machten sich die verbal wehrhaften Freibeuter wagemutig auf den Weg durch die weißgrünen Wogen der Evangelikalen; keiner Klippe ausweichend, verteilten die Helden des einzig wahrhaft nahrhaften Glaubens Informationsmaterial und monströses Gebäck und hielten jedem durch die Evangelikalen provozierten Streitgespräch stand – wie z. B. der Geschichte eines alten Mannes, bei dem man annehmen konnte, dass er diese Story vielleicht noch selbst erlebt hat: es ging um einen unbekannten Josef und seine Brüder, derer auch schon Thomas Mann habhaft wurde. Des Ungläubigen formulierte Angst vor dem jüngsten Gericht klärte einer der Piraten dahingehend auf, das genau das jetzt mit ihm geschehe und das er sein Jüngstes Gericht gerade in diesem Moment erlebe und durch die Umkehr zum wahren Glauben ihm sofort seine Angst genommen sei. Als Zeichen der Güte der Pastafarianer boten wir ihm zugleich die Enttaufung an; aber der Ungläubige wollte sich nicht bekehren lassen, und so gingen wir weiter unseres Weges.
Fotos von © Daniela Wakonigg
Dampfnudel wurde nicht müde, den Besuchern die 30 Tage Gott zurück Garantie schmackhaft zu machen; auch Enttaufungen wurden immer wieder angepriesen und auch in mindestens zehn Fällen vollzogen – ein durch seine Nudeligkeit geweihtes Handgebläse diente uns als mystisches Werkzeug, die Spuren von Wasser und Salbung des Rituals der Ungläubigen von der Stirn der zu Enttaufenden restlos zu entfernen – glückselige Momente der nun befreiten Menschen erquickten unseren schweren Gang, denn auch Unbelehrbare säumten den Weg – und nicht nur das: Bei der Moses-Statue vom 11. Gebot und an der Lutherstatue angekommen, lief die Freibeuterschaft auseinander, um sich unter die Ungläubigen zu begeben und in Einzelgesprächen die ein oder andere Aufklärungsarbeit zu leisten. Doch zum größten Teil obsiegten bei den Angesprochenen Grünschalträgern immer wieder ihre eigenen Überzeugungen und in der Masse fühlten sie sich entweder zu stark oder zu schambesetzt, um zum wahren Glauben zu finden. Einige tapfere Reckinnen und Recken vom 11. Gebot und vom Ketzertag, welche dort über den gesamten Kirchentag hinweg Aufklärungsarbeit leisteten, begleiteten unseren Weg von hier an.
Fotos von © Daniela Wakonigg
Nach einigen Fotos und spontanen Enttaufungen sammelten wir uns wieder, um unseren freibeuterischen Siegeszug fortzusetzen; immer wieder gab es die ein oder andere Anekdote, in der die Ungläubigen uns diffamieren oder uns der Lächerlichkeit preisgeben wollten – die darauf von uns formulierten Konter konnten sie in keinem Fall argumentativ aushebeln – wie z. B. den Hinweis darauf, dass wir die einzige Kirche ohne Kindesmissbrauch sind, und wie sie selbst in ihrer eigenen Kirche zu diesem Punkt stehen und wie sie sich dies erklären.
Fotos von © Daniela Wakonigg
Und dann begab sich eine Szene, die schon im antiken Rom nicht funktionierte: ist euch das Phänomen „Verhindern durch Beten“ bekannt, indem sich bereits im alten Rom die damals verfolgten Christen vor den nahenden Römern auf die Knie warfen, und zu beten begannen, auf das das Böse an ihnen vorbei eilt und der Betende dadurch nicht berührt wird? Genau so ein Erlebnis bot sich uns, den Pastafarianern, kurz vor Erreichen unseres Start- und Zielortes, der Schauburg. Ein Besessener warf sich vor uns auf die Knie und begann sofort zu beten – nicht, auf dass das Böse an ihm vorbeiziehe, sondern sein Wahn zwang ihn wohl dazu, uns aufhalten zu wollen. Nur durch den Einsatz der Polizei, die ihn darauf hinwies, dass er eben nicht überall beten könne und bitteschön den Weg zu räumen hätte, bevor ein Platzverweis ausgesprochen würde, konnten wir unser Ziel erreichen.
Fotos von © Daniela Wakonigg
Den netten Beamten sei an dieser Stelle großes Lob ausgesprochen, geleiteten sie uns doch pflichtbewusst und sicher durch dichteste Christenmassen in ihrem Streifenwagen und zu Fuß. Es war schon ein erhebendes Gefühl, wenn sich der Streifenwagen vor uns einen Weg durch die menschengefüllte Einkaufsstraße und halb durch einen aufgestellten Christehchor bahnte um uns eine Gasse für unsere nudelige Prozession zu öffnen.
Fotos von © Daniela Wakonigg
Endlich an der Schauburg angekommen, stärkten wir uns vorerst am Biervulkan, um dann mit voller Energie die Nudelmesse abhalten zu können. Diese verlief wie immer planmäßig und erfolgreich, auch wenn eine Gruppe Indoktrinierter sicherlich absichtlich genau zu diesem Zeitpunkt an der nächsten Straßenecke ihre blasphemischen Chorale schrecklich darboten. Durch die Kohlehydrate vollends auf Vordermann gebracht, erlebten wir noch das Ende des Ketzertages mit dem Streitgespräch zwischen Michael Schmidt-Salomon und einem schwurbelnden Theologieprofessor in der Schauburg.
Zum Abschied huldigten wir ein letztes Mal an diesem Tag dem Biervulkan, auf das sich dann jeder Pirat auf seine Fregatte zurückzog, um sein Ziel des Freibeuterns wieder aufzunehmen!
Verfasst von Bruder Pasta L’adoratore, Dampfnudel und Margaritos von Bucatini