Immer wieder bekommen wir Anfragen per Mail. Oft sind es Schüler, die Informationen für eine schulische Aufgabe möchten, und die wir sachlich beantworten. Manchmal sind es Fragen, die wir auf unserer Website schon beantwortet haben und auf die wir dann verweisen. Manchmal sind es pauschale Beschimpfungen, über die wir uns köstlich amüsieren und sonst nicht weiter reagieren.
Ich finde die am spannendsten, die dazu zwingen, erst einmal ernsthaft nachzudenken. Zu letzteren gehört die:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist xxx und ich studiere derzeit an der Universität Potsdam Erziehungswissenschaft und Religionswissenschaft. Innerhalb des Moduls Komparatistik habe ich mir zum Thema Religionsverständnis die Frage gestellt: „Inwieweit unterscheidet sich das Religionsverständnis in Gemeinschaften, welche sich gegenüber Religionen kritisch positionieren?“. Diesbezüglich wollte ich mich bei Ihnen informieren, welches offizielle Verständnis die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e.V. in Bezug zu Religion hat.
Mit freundlichen Grüßen
Relionsverständnis?
Ist da gemeint, wie wir unsere „Religion“ verstehen. Eigentlich weiß doch jeder, wir verstehen uns gar nicht als solche sondern als Weltanschauungsgemeinschaft. Geht es also eher um unser Weltanschauungsverständnis? Oder doch um unser Religionsverständnis, nämlich das unserer Religionssatire? Oder um unseren „ethischen Kompass“?
Da schien ein Hinweis auf unsere 8 ALWMs und die 10 Angebote des evolutionären Humanismus durchaus angebracht. Aber damit war der Student nicht zufrieden und ergänzte:
….vielen Dank für die schnelle Rückmeldung, bezüglich meiner Fragestellung. Ich wollte mich jedoch noch erkundigen, was in Ihren Augen Religion ist. Also was beispielsweise eine Religion aus macht? Oder inwiefern man zwischen Mitgliedern und Gläubigen von Religiösen Institutionen unterscheiden kann? Oder aber ob eine Religion auch eine Institution haben muss?…
Das machte das Ganze klarer und die Beantwortung leichter.
Ausgehend von dem alten Deschnerwort „Dass Glaube etwas ganz anderes sei als Aberglaube, ist unter allem Aberglauben der größte.“ hatten wir schon lange erkannt, es gibt nicht den mindesten Grund, zwischen Glaube und Aberglaube zu unterscheiden. Etwas fällt allerdings auf, das, was man als Glaube bezeichnet, findet in organisierter Form statt, Aberglaube eher nicht. Daraus hatte sich dann unsere eigene Definition von Religion entwickelt:
Religion ist organisierter Aberglaube.
Dazu braucht es nicht zwingend Institutionen, sondern eher „Erleuchtete“, die behaupten, ihre Erleuchtung unmittelbar von Göttern, Teufeln oder sonst wem erhalten zu haben. Das wird dann als alleinige, unveränderliche Wahrheit verkündet und Anhänger gewonnen.
Was macht eine Religion aus? Allgemein wird behauptet, sie wäre unverzichtbar als moralisch-ethische Quelle. Wie absurd. Natürlich kann sie moralisch – ethische Quelle sein, aber, wie die Praxis gezeigt hat und immer wieder zeigt, keine von besonders hoher Qualität. Keinesfalls ist sie aber nötig, um ethisch zu handeln. Das hat nicht nur die nahezu gottlose DDR nachgewiesen, die als Staat zwar versagt hat, deren Menschen aber doch zum ganz überwiegenden Teil ihre anerkennenswerten ethischen Grundsätze hatten. Das zeigt auch das Beispiel von dem christlichen Missionar, der ins Amazonasgebiet zog, um ein Naturvolk zu missionieren. Von der Lebensweise und Moral der Indigenen, die weder das Wort noch die Praxis von Religion kannten, war er so angetan, dass er seinen Glauben ablegte und bei ihnen blieb.
Was Religionen ausmacht, sind vielmehr Dogmen. Dogmen sind Denkverbote und Denkverbote behindern die gesellschaftliche Entwicklung. Daraus leiten wir schon seit langen ab:
Religion ist gesellschaftsschädlich.
Trotzdem erkennen wir jedem zu, sich frei zu einer Religion zu bekennen und diese ausüben zu dürfen. Aber eben nur im persönlichem Umfeld und ohne den Anspruch, seine religiösen Dogmen zu denen der Gesellschaft machen zu wollen. Wir sind also nicht nur für die Trennung von Staat und Kirche, sondern vor allem für die
Trennung von Staat und Religion.
Interessant ist auch die Frage, in wie weit man zwischen Mitgliedern und Gläubigen von religiösen Institutionen unterscheiden kann. Ich finde, irgendwie schwingt da sogar eher mit, in wie weit man da unterscheiden muss. Eine Umfrage hat schon in den 1990gern erbracht, in der katholischen Kirche bezeichnen sich rund 10% als Atheisten, in der evangelischen sogar 20%. Also ist diese Unterscheidung wohl sinnvoll. Nicht alle Kirchenmitglieder sind also wirklich gläubig. Da gibt es die Tradition, den Druck der Umwelt oder schlicht die Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes. Laut kirchlichem Arbeitsrecht darf man entlassen werden, wenn man aus der Kirche austritt.
Umgekehrt sind aber auch nicht alle Konfessionslosen Atheisten, denn so mancher Gläubige lebt seinen Glauben schon jetzt allein und ohne Institution. Es wäre schön, wenn das noch mehr werden.
Ein letzter Punkt ist mir noch wichtig. Es sollte keinerlei Sonderrechte für religiöse Organisationen geben. Weder im oben erwähnten Arbeitsrecht, noch auf anderen Rechtsgebieten oder in der Organisationsform. Den Kirchen muss der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts genommen und sie dem Vereinsrecht unterstellt werden, als Traditionsvereine wäre da gut denkbar.