Arrrrgh ihr Freibeuterinnen und Piraten,

wir haben es wieder getan. Wir sind in den Krieg gezogen. Wieder vor den Europäischen Gerichtshof der Menschenrechte, wieder mit starken Verbündeten , die uns den Kampf nicht nur finanzieren, sondern uns mit ihrem Beirat Dr. Winfried Rath auch einen tollen Waffenmeister gestellt haben. Der hat unsere Fregatte mit 196 Geschützen ausgestattet. So viele Anlagen hatte die Beschwerde, mit der er Bruder Spaghettus zu seiner weltanschaulichen Kopfbedeckung verhelfen möchte. Nie waren die Chancen so gut wie jetzt.
Weil ich jetzt nur noch aus der Beschwerde zitiere, ist das eigentlich auch so etwas wie ein Gastbeitrag von von Dr. Rath. Zur Besseren Lesbarkeit habe ich Verweise auf Anlagen u.a. weitestgehend entfernt. :

Darlegung des Sachverhalts

…Der Beschwerdeführer kämpft darum, ein Passbild mit weltanschaulicher Kopfbedeckung in seinem Personalausweis benutzen zu dürfen. Er ist der ehemalige Vorsitzende und jetziger Ehrenvorsitzende der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e.V.“ . Der Verein versteht sich als Weltanschauungsgemeinschaft. Der Beschwerdeführer sieht sich aus seiner Weltanschauung heraus verpflichtet, eine den Regeln der KdFSM entsprechende Kopfbedeckung zu tragen. Deshalb beantragte er, dass er auf seinem Bild für einen neuen Personalausweis seine weltanschauliche Kopfbedeckung tragen darf. Die deutschen Behörden und Gerichte verweigerten ihm dieses Recht, wodurch er in seiner weltanschaulichen Freiheit verletzt ist….

Im Jahr 2006 wurde in Deutschland der eingetragene Verein unter dem Namen „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e.V.“ gegründet. Der Verein verfolgt nach seiner Satzung die Förderung von religiösen Zwecken in ihrer Gleichbehandlung mit wissenschaftlich orientierten Weltanschauungen und einem besonderen Schwerpunkt auf dem evolutionären Humanismus der Giordano Bruno Stiftung (GBS). Der Begriff des evolutionären Humanismus bezeichnet eine neuere, naturalistisch geprägte Strömung innerhalb der humanistischen Weltanschauungen, die den Menschen als Teil eines umfassenden Evolutionsprozesses sieht. Sie wird historisch zurückgeführt auf Julian Huxley, den ersten Generaldirektor der UNESCO, der diese Strömung entwickelte und sich für eine „wissenschaftliche Religion“ ohne Gott und ohne Offenbarung aussprach, in welcher Evolution ein universeller und alles durchdringender Prozess sei. Der Evolutionäre Humanismus, wie er von der GBS weiterentwickelt wurde, gibt auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und humanistischer Werte klare Antworten auf die existenziellen Grundfragen des Menschseins (Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was ist der Sinn des Lebens? Was ist ethisch gerecht?). Weiterführend verweise ich zum Inhalt des evolutionären Humanismus auf die Anlagen 4, 5 sowie auf das Gutachten der Theologin Daniela Wakonigg (Anlage 6). Der Verein des KdFSM ist als gemeinnützig anerkannt. Die Zahl der Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters, die sich selbst als „Pastafari“ bezeichnen, wird in Deutschland auf etwa 20.000 Menschen geschätzt, allein dem Auftritt bei Facebook folgen über 12.750 Menschen. Die Mitglieder verbindet sowohl ihr gemeinsames Denkgebäude und Wertesystem, als auch gemeinsame Feiern und Rituale, wie man sie aus Religionen kennt. Als Mittel zur Verfolgung seiner Ziele nutzt der Verein Veranstaltungen und die Teilnahme an öffentlichen Versammlungen, die Bereitstellung und Verteilung von Informationsmaterial, die Veranstaltung von Messen, sowie die Teilhabe an sozialen Netzwerken. Einen breiten Überblick über die vielseitigen Tätigkeiten des Vereins findet man im Internet (www.pastafari.eu und auf der Facebook-Seite der KdFSM). ….

Die Satzung des deutschen KdFSM nimmt konkret auf den evolutionären Humanismus Bezug. Indem er sich auf den evolutionären Humanismus beruft, gibt er sich humanistische Grundlagen…

… Der deutschen „Kirche“ geht es vor allem um eine Gleichbehandlung von religiösen und wissenschaftlich orientierten Weltanschauungen, insbesondere dem evolutionären Humanismus. Das Ziel ist es, intolerante und dogmatische Anschauungen und Handlungen zu hinterfragen, und damit die Verbreitung einer offenen und toleranten Ethik im Sinne des evolutionären Humanismus fördern, so an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirken und die öffentliche Diskussion um weltanschauliche und Wertefragen im Sinn von Humanismus und Aufklärung zu bereichern. Man vertritt eine positive Weltanschauung – den evolutionären Humanismus – für deren Durchsetzung man kämpft, indem als ein Mittel die Religionssatire genutzt wird. Die Weltanschauung des evolutionären Humanismus ist es auch, welche die Mitglieder des Vereins verbindet. Die KdFSM ist eine nahezu perfekte Umsetzung der eigenen Weltanschauung, indem humanistische Grundsätze zur Lebensführung der Mitglieder und Anhänger mit einer Religionsparodie vereint werden. Die Vorgabe an die Mitglieder, religiöse Kulte nicht ernst zu nehmen, sondern das Leben nach den Grundsätzen des evolutionären Humanismus auszurichten, verbindet die Abkehr von religiösen Vorstellungen mit einer klaren Lebensanweisung. Der Verein vertritt folglich keinesfalls nur eine negative, d.h. eine Gott bzw. Religion verneinende Weltanschauung. Sein Zweck ist keineswegs, nur eine Religionsparodie zu sein. Es gibt es einen positiven Inhalt für eine gemeinsame weltanschauliche Betätigung, woraus der Status einer Weltanschauungsgemeinschaft resultiert. Die von den Mitgliedern des Beschwerdeführers geteilte Überzeugung beeinflusst ihre Lebensführung und ihre alltagskulturelle Praxis. Die Mitglieder orientieren sich in ihrem Leben an den auf der Weltanschauung des evolutionären Humanismus beruhenden moralischen Überzeugungen. Das erkennt man auch daran, dass neben den Handlungsvorgaben für die Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters in Form der „Acht am liebsten wäre es mirs“ die zehn Angebote des evolutionären Humanismus die gleiche Geltung haben. Nach diesen Regeln versucht der Beschwerdeführer im Alltag zu leben. Er trägt in der Öffentlichkeit immer eine Kopfbedeckung, die ihn als Anhänger und Mitglied des KdFSM ausweist. Er fühlt sich verpflichtet, diese Kopfbedeckung zu tragen. Im Evangelium von Bobby Henderson ist bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es von mangelndem Respekt zeuge, seinen Glauben zu verbreiten, ohne das Ornat des Spaghettimonsters zu tragen – die Kluft der Piraten. Darüber hinaus gebietet es auch die Satzung der KdFSM, dass deren Anhänger dem Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters insoweit folgen, dass sie ihre Zugehörigkeit zum Pastafaritum durch eine Augenklappe, oder eine Piratenkopfbedeckung wie einen Dreispitz, Bandana, Piratentuch oder ähnlichen zu erkennen geben. Tatsächlich trägt der Beschwerdeführer immer in der Öffentlichkeit eine Kopfbedeckung, die ihn als Mitglied des KdFSM ausweist. Er hat einen Führerschein mit entsprechendem Bild und seinen Pastafari-Künstlernamen „Bruder Spaghettus“ im Ausweis eingetragen.
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Klarstellend soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass der KdFSM im Gegensatz zu anderen Kirchen des Fliegenden Spaghettimonsters (aus den Niederlanden oder aus Österreich, die sich als Religionsgemeinschaft ausschließlich auf das Pastafaritum berufen) sich als Weltanschauung versteht und auf gar keinen Fall als Religionsgemeinschaft. Der KdFSM beruft sich im Wesentlichen auf den evolutionären Humanismus als weltanschaulich Grundlage. Die Dualität der Grundlagen des evolutionären Humanismus in der Ausprägung der GBS und der Grundzüge der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters als äußere Ausgestaltung unterscheidet den KdFSM erheblich und grundlegend von anderen europäischen Ausprägungen des Pastafarinismus und steht mit dieser Ausrichtung weltweit einmalig da.

Begründung

Verletzung von Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK

Dem Beschwerdeführer ist rechtswidrig der Zugang zum Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht verwehrt worden, indem dieses die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht zuließ (Anlage 40). Art. 6 Abs. 1 S.1 EMRK gewährt effek-tiven Rechtsschutz. Dieser ist beeinträchtigt, wenn der Zugang unzumutbar erschwert ist oder das Recht auf Zugang in seinem Wesensgehalt angetastet wird. Hier geht es um unzumutbare Einschränkungen des Zugangs zum Berufungsgericht. Selbst wenn der Weg einer Zulassungsbeschwerde generell nicht zu beanstanden ist, liegt hier eine Beschränkung vor, die dem Beschwerdeführer den Rechtsweg verkürzt und zu einer falschen Entscheidung geführt hat. Der Beschwerdeführer ist durch die Verweigerung effektiven Rechtsschutzes in seinem Recht auf möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt verletzt…….

Verletzung von Art. 9 Abs. 1, 2, Art. 11 EMRK

Der Beschwerdeführer gehört einer Weltanschauungsgemeinschaft an. Den Status der Weltanschauungsgemeinschaft haben deutsche Behörden und Gerichte dem KdFSM nicht zuerkannt. Dadurch werden die Mitglieder gehindert, ihre Weltanschauung frei auszuüben. Dazu gehört auch, als Mitglied der Weltanschauungsgemeinschaft das Recht wahrzunehmen, auf einem Personalausweis auf die Zugehörigkeit mit einem Passbild mit Kopfbedeckung hinzuweisen und seine Verpflichtung zum Tragen einer Kopfbedeckung zum Ausdruck zu bringen…….

…..Hinreichende Bedeutung kann man dem KdFSM schon wegen der Zahl seiner Mitglieder und seiner Anhänger (im Internet) nicht absprechen, aber auch weil er es geschafft hat, in den Medien präsent zu sein und selbst an Schulen im Religionsunterricht über ihn gesprochen wird. Der Status einer Weltanschauungsgemeinschaft ergibt sich daraus, dass der KdFSM eine eigenständige Strömung oder Konfession des evolutionären Humanismus darstellt (Anlage 6). Das humanistische Weltbild des KdFSM enthält eine „Stellungnahme zum Ganzen der Welt“, indem es auf wissenschaftliche Erklärungen zur Entstehung der Welt baut und humanistische Grundsätze als Grundregeln für das Zusammenleben von seinen Mitgliedern verlangt. Die Grundlagen beantworten Fragen nach dem Sinn des Lebens. Es besteht bei den Anhängern ein ausreichender Konsens über die gemeinsam vertretene Weltanschauung. Das kann man schon an den gemeinsamen Aktivitäten und der großen Zahl derjenigen erkennen, die dem KdFSM im Internet folgen…..

Verletzung von Art. 14 EMRK i.V.m. Art. 9, 11 EMRK

Die Behörden und Gerichte verweigerten dem Beschwerdeführer die Anerkennung als Weltanschauungsgemeinschaft. Das diente als Grundlage für die im Ergebnis verweigerte Erlaubnis, ein Passbild mit weltanschaulicher Kopfbedeckung auf dem Foto des Personalausweises zu tragen. Das diskriminiert den Beschwerdeführer. Ihm wird ein Recht vorenthalten, das anderen Mitgliedern von Religionsgemeinschaften zusteht, was dazu führt, dass er im Vergleich zu diesen ungleich behandelt wird. Die Diskriminierung wird noch verstärkt, weil der Beschwerdeführer nach Ziff. 6 PassVwV im Gegensatz zu muslimischen Frauen seine Berechtigung zum Tragen einer weltanschaulichen Kopfbedeckung noch begründen muss. Ein solcher Eingriff stellt eine Ungleichbehandlung ohne sachlich rechtfertigende Gründe dar, wenn eine vernünftige Rechtfertigung fehlt (EGMR 13.7.2010 – 7205/07 RN 66).Religionsgemeinschaften dürfen ihre Kopfbedeckung auf einem Passbild tragen. Weltanschauungen sind gleich zu behandeln. Mit dem Inhalt der Weltanschauung des KdFSM setzt sich kein Gericht auseinander. Das diskriminiert den Beschwerdeführer, der sein Passbild nicht erhält.