Als ich in meiner Lokalzeitung die Überschrift Auch Uckermärker unterstützen Initiative „ChristenStehenAuf gelesen habe, war ich total begeistert. Das konnte doch nur bedeuten, nachdem die Kirchen und auch der Staat bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals völlig versagt haben, will das nun die Basis in die Hand nehmen. Mit dem harten Besen soll da ausgekehrt werden, was immer noch unerträglich zum Himmel stinkt. Den Untertitel „Um eine weitere Spaltung zu verhindern, plädieren die Unterzeichner der Initiative für „Runde Tische“ in Kirchen.“ konnte ich aber nicht ganz nachvollziehen. Die ständig steigenden Austrittszahlen aus den Kirchen sind für mich keine Spaltung, sondern eher Massenflucht. Als ich dann las, in welcher Rubrik der Artikel erschienen war, kam die bittere Erkenntnis: Corona.

Nein, es geht diesen Christen nicht darum, richtig klar Schiff zu machen und den eigenen Augiasstall auszumisten.

Weit gefehlt, es geht darum, den Gestank zu überdecken.
Nachdem schon Nazis und Reichsbürger versucht haben, die Impfgegnerbewegung für sich auszunutzen, wollen das nun auch die Christen. Der Zeitpunkt ist nicht unklug gewählt. Schon zur Zeit der Veröffentlichung des Aufrufes, die etwas nebulös mit Ende Januar/Anfang Februar angegeben wird, war das Ausklingen der Coronamaßnahmen absehbar. Da könnte doch leicht der Eindruck entstehen, ein bisschen ist das auch mit das Verdienst der aufstehenden Christen.
Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufes, um den es geht, gehört ein Pfarrer aus der Uckermark. Der hat durch ständige impfkritische Veranstaltungen in seiner Kirche und entsprechende Veröffentlichungen in der Lokalzeitung einige Bekanntheit erlangt. Den Zweck des Aufrufes erklärt er so:

„Die Unterzeichner möchten, dass in der aktuellen Debatte Geimpfte und Ungeimpfte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie plädieren dafür, Runde Tische oder öffentliche Gesprächsforen vonseiten der Kirchen einzurichten, ähnlich wie zu Zeiten der Wende 1989/90. Sie erhoffen sich damit eine Versachlichung der Debatten.“

Tatsächlich?
Man könnte auch vermuten, sie erhoffen sich damit, sich wieder als moralische Instanz in Szene setzen zu können. Diesen Status haben sie, nicht nur durch den Umgang mit institutionellem Missbrauch in ihren Einrichtungen, völlig verloren.
Man könnte auch vermuten, sie erhoffen sich damit, die Mär von der Kirche als Hort des ständigen Widerstandes in der DDR und Träger der friedlichen Revolution wieder aufzufrischen.
Man könnte auch vermuten, sie erhoffen sich damit in innerkirchlichen Auseinandersetzungen Unterstützung von außen zu finden.
Man könnte auch vermuten, sie erhoffen sich damit einfach, wieder einmal ein paar Menschen in die leeren Kirchen zu bringen.

Schwer zu sagen, was es letztlich wirklich ist. Von einem gehe ich aber mit Sicherheit aus:
Es geht nicht darum, der Allgemeinheit zu nützen, sondern irgendwie der fallenden Kirche wieder auf die Beine zu helfen.

Wie seht ihr das?