Über Atheismus haben wir hier schon oft gesprochen. Wir haben übliche Definitionen hinterfragt und herausgefunden, Atheismus bedeutet nicht, Götter abzulehnen. Das wäre eine bewusste Entscheidung, die Aktivität verlangt. Man ist aber auch Atheist, wenn man einfach ohne Götteraberglauben aufwächst und solche Gestalten in der eigenen Weltanschauung dadurch nicht vorkommen. Eigentlich sollte das sogar der Normalfall sein. Lediglich die Umwelt und Indoktrination im Kindesalter machen die Menschen zu Theisten unterschiedlichster Art. Angebliche Götter gibt es haufenweise.
Wir haben auch herausgefunden, Atheismus ist keine Weltanschauung. Zu der gehören zwingend gemeinsame Werte. Außer dem Nichtvorhandensein von Göttern hat der Atheismus aber keine. Das Gleiche trifft auf den Theismus zu. Es ist vielmehr so, dass es sowohl atheistische als auch theistische Weltanschauungen gibt. Die Trennung von Religion(-sgemeinschaften) und Weltanschauung(-sgemeinschaften) ist also falsch.
Ich hatte deshalb eine klare Position, als ich auf Facebook auf ein Zitat des Religionsphilosophen Winfried Schröder von der Universität Marburg gestoßen bin:
„Es gibt eine ganze Reihe von Legenden über den Atheismus. Manche meinen, es habe den Atheismus eigentlich in allen Epochen der europäischen Geistesgeschichte gegeben. Bereits in der Antike, dann aber auch im Mittelalter und dann weiter in der frühen Neuzeit. Tatsächlich ist es so, dass die Forschung vor einigen Jahren festgestellt hat, dass der erste atheistische Text, in dem explizit die Existenz Gottes bestritten wird, ein Text aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, also im Vorfeld der Aufklärung ist. Vor dem Jahr 1650 kennen wir kein einziges Dokument des Atheismus in dem Sinne, dass dort bestritten wird, dass Gott existiert.“
Man muss nicht bestreiten, dass es Götter gibt, um Atheist zu sein. Andererseits reicht es auch nicht, nur ohne „Gott“, womit wohl Jahwe gemeint ist, zu leben. Man darf auch keine anderen Götter haben.
Aber mir geht es hier nicht um den unsauber arbeitenden Angestellten der Uni Marburg. Interessanter fand ich einen Kommentar aus der Diskussion auf FB:
„Und dann gibt es tatsächlich welche, die GEGEN Gott sind, also Anti-Theisten, die sind nicht einfach nur „ich glaube an keinen Gott und mir ist es auch völlig egal.“
Klar gibt es die. Ich wollte schon antworten, das wären aber keine Atheisten, denn um gegen Götter zu sein, muss man erst mal deren Existenz akzeptieren.
Vorher habe ich schnell noch mal bei Wiki nachsehen, was dort unter Antitheismus verstanden wird. Sofort habe ich gemerkt, mein Gedankengang war falsch. Ich las:
„Der Theismus geht von der Existenz eines oder mehrerer göttlicher Wesen aus, während der Antitheismus diese Annahme verneint. Er richtet sich gegen theistische Weltanschauungen, nicht gegen deren Anhänger.
Die Weltanschauung vieler Menschen, die sich heute als Atheisten (nicht als Antitheisten) bezeichnen, teilt in der Regel dieselben Gedanken, die auch die Grundaussagen des Antitheismus darstellen. Diese Haltung lässt jedoch den grundlegenden Unterschied außer Acht, dass der fehlende Glaube an die Existenz Gottes (Atheismus) philosophisch und psychologisch etwas völlig anderes ist als die Überzeugung, dass ein solcher Glaube irrational und/oder schädlich ist (Antitheismus).“
Jeder hat mal sein Outing. Ich jetzt meins als Antitheist.