Die meisten von euch wissen es schon: unsere Ethik richten wir an den 8 ALWMs und den 10 Angeboten des evolutionären Humanismus aus.
Was aber ist der evolutionäre Humanismus eigentlich?
Julian Huxley, der Bruder des Schriftstellers Aldous Huxley, hat als erster Generaldirektor der Unesco nicht nur maßgeblich an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mitgewirkt, er hat auch die ersten Grundgedanken des evolutionären Humanismus entwickelt.
Dessen Hauptkennzeichen waren ein konsequenter Naturalismus und die streng wissenschaftliche Orientierung. Der Mensch wurde als Teil der Evolution begriffen und auch der Humanismus selbst sollte dieser unterliegen, indem immer wieder neue Erkenntnisse und Weltsichten eingearbeitet werden.
Das ist dann auch geschehen. Heute sieht der evolutionäre Humanismus der Giordano Bruno Stiftung schon deutlich anders als als der damalige. Die Kurzfassung bieten die 10 Angebote, die auch wir übernommen haben.
Allerdings nicht vollständig. Den ersten Halbsatz des 10 Angebotes haben wir gestrichen: „Stelle dein Leben in den Dienst einer „größeren Sache“,…“
Irgendwie war uns das nicht geheuer. Machen das nicht auch die religiösen und politischen Extremisten, die sich so sehr in den Dienst ihrer jeweiligen großen Sache stellen, dass sie sogar ihr Leben dafür geben? Ziehen nicht immer wieder besonders junge Menschen begeistert in den Krieg, um einer vermeintlich größeren Sache zu dienen?
Aber vielleicht haben wir den Satz auch einfach falsch interpretiert. Sind nicht wir selbst, und zwar jeder einzelne für sich, die größte Sache überhaupt?
Dann würde das bedeuten, wir sollen zuerst uns selbst dienen.
Das mag sich egoistisch anhören, vielleicht ist es das auch. Aber etwas Egoismus steckt in jedem, egal ob der nun angeboren oder anerzogen ist. Weltanschauungen, die das nicht berücksichtigen, haben keine Chance, wirklich gelebt werden zu können.
Wir möchten, dass es uns gut geht und wollen uns wohl fühlen. Aber wir wissen genau, das klappt nur, wenn es auch den anderen um uns herum und am besten auch noch denen weiter weg zumindest nicht schlecht geht. Wir möchten nicht auf Kosten anderer leben, wir sind sogar bereit anderen etwas zu geben ohne uns unmittelbaren Nutzen zu versprechen. Einfach deshalb, weil wir sonst mit uns selbst nicht zufrieden sein können. Ist das dann nicht schon eher Altruismus statt Egoismus? Wohl nicht ganz, denn Altruismus wird mit Selbstlosigkeit verbunden. Aber ist das richtig? Ist Selbstlosigkeit überhaupt ein praktikables Motiv? Christen sagen ja, und verweisen auf Mutter Theresa. Dabei ist ihnen sicher nicht klar, dass der Todesengel von Kalkutta alles andere als selbstlos war. Da war nicht mal ihr Drittelgott Jesus, hat der doch den anderen Drittelgott Jahwe gebeten, ihn nicht ans Kreuz nageln zu lassen.
Ich denke, Selbstlosigkeit gibt es nicht. Jeder, der anderen hilft, durch Zuwendung, durch Spenden, durch Arbeit oder wie auch sonst ist doch tief im Innern dann auch ein bisschen stolz auf sich. Auch die, die helfen um Wiedergutmachung für etwas, was sie getan haben, zu leisten, tun damit etwas für sich. Entweder befriedigen sie ihr eigenes Bedürfnis oder sie versuchen so, weniger gestraft zu werden, sei es auf Erden oder bei Abergläubischen auch im Jenseits.
Nein, wir werden auch bei dieser Sichtweise den gestrichenen Halbsatz nicht wieder einfügen. Aber wir bekennen uns trotzdem zu diesem Prinzip des EgoAltruismus.
Deshalb bin ich jetzt auch ein kleines bisschen stolz und zufrieden mit diesem Wort zum Freitag.
Und ihr?