Oh du mein Gott, unser aller Vater, ich danke dir von ganzem Herzen. Du hast mir die Sorgen genommen, die mich die letzten Tage quälten.
Es waren schlimme Qualen. Auch, wenn ich weiß, du kennst sie längst, bitte lass sich mich trotzdem noch einmal beschreiben. Du hast alle Zeit der Welt, auch die Zeit mir jetzt zuzuhören. Es würde dich nicht stören, aber mir hilft es, mir das alles einmal von der Seele zu reden.
Da hat doch unsere Kanzlerin tatsächlich ausgerechnet über Ostern ein Fest der Ruhe verordnet. Ja, natürlich, das geht schon mal, den Leuten da das Fröhlichsein zu verbieten, so wie wir es selbst am Karfreitag tun. Aber dann tun eben wir das. Wir sind die, die entscheiden und nicht die, über die entschieden wird. So geht das einfach nicht.
Ja, ich weiß, sie hat uns nicht verboten, dir, unserem Erlöser, in Gottesdiensten zu huldigen. Sie hat lediglich darum gebeten. Aber macht es das besser? Nein, das macht alles noch schlimmer. Sie wälzt die Verantwortung einfach auf uns ab. Verantwortung! Wie sollen wir damit umgehen? Du sagst uns doch, was wir tun sollen. Du gibst uns Zeichen, welche Entscheidung die richtige ist und wenn du dafür gerade keine Zeit hast, haben wir noch dein Wort, die Bibel.
Du bist unser Vater und ganz besonders für uns Kleriker gilt, wir sind deine Kinder. Das höchste Gut der Kinder ist ihre Unschuld. Nie würden wir riskieren, die zu verlieren, indem wir Verantwortung übernehmen. Selbst, wenn wir ein politisches Amt übernehmen, schützen wir uns vor Verantwortung dadurch, dass wir unseren Schwur nur in deinem Namen leisten: So wahr uns Gott helfe.
Und nun das. Wir sollen plötzlich selbst Verantwortung übernehmen. Welche Unverschämtheit, und das noch von einer, die sich selbst Christin nennt. Es sind viele falsche Schafe in deinem Namen unterwegs, oh Herr, das Böse schläft nicht.
Doch du hast es besiegt. Erst muss sie, deren Namen ich nicht nennen mag, unter dem Druck ihrer Politiker die Osterruhe zurück nehmen. Dann, einen Tag später, hat sie auch die Bitte zurück genommen, auf Präsenz-Gottesdienste zu verzichten. Viele werden jetzt behaupten, das wäre das Werk unserer Lobbyisten im Bundestag. Das sind nur schändliche Lügen der Autoindustrie, die nur neidisch darauf ist, dass wir mehr Lobbyisten als sie hat und das unsere sich nicht mal ins Lobbyistenregister eintragen müssen, obwohl sie jeder Zeit Zutritt haben.
Mir ist klar, das alles ist dein Werk. Selbst wenn es doch die Lobbyisten waren, was hätten die den anderes getan, als in deinem Namen zu handeln.
Ich kann nun wieder ruhig schlafen, mich plagen keine Sorgen mehr, ich muss nichts selbst entscheiden und meine Hände weiter in Unschuld waschen.
Das alles hast du gemacht, großer Gott, allmächtiger Herrscher. Dafür danke ich dir.
Amen