Das Wort zum Freitag – Nudelsieb, die x-te
Eriks Wort vom letzten Sonnabend hat großes Echo gefunden. Zunächst persönlich. Mienke de Wilde hat sich gemeldet und war erstaunt, warum wir davon ausgegangen sind, sie kommt nun nicht mehr nach Templin. Darauf hatte ich ihr gleich persönlich und öffentlich in einem Kommentar geantwortet. Dort bin ich auch schon kurz auf die inhaltlichen Aspekte eingegangen. Es scheint aber angebracht, auf die und konkret auf unsere Ablehnung des Nudelsiebs, noch einmal näher einzugehen.
Sammeln wir erst einmal die Fakten.
Wir haben uns 2006 gegründet. Bis 2011 war es allen Pastafari weltweit klar, wir haben Piraten zu sein. Da ist das Evangelium eindeutig. Piraten sind Sein auserwähltes Volk, wir haben uns zu bemühen, Piraten zu werden, Gebete werden eher erhört, wenn man Piratenornat oder wenigstens eine Augenklappe trägt und nur mit genügend Piraten können wir die Erderwärmung stoppen. Ganz eindeutig wollte uns das Monster als Piraten, nichts anderes:
„Außerdem zeugt es von mangelndem Respekt, unseren Glauben zu verbreiten, ohne das Ornat Seiner Wahl zu tragen – die Kluft der Piraten. Das lässt sich gar nicht genug betonen, allerdings leider nicht näher erklären, weil hier der Platz dazu nicht reicht. Die präzise Erklärung lautet:
ES wird böse, wenn wir es nicht tun.“
Das änderte sich 2011. Niko Alm, damals Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien, wollte eigentlich schon zwei Jahre zuvor ein Zeichen gegen Kirchenprivilegien setzen. Ausgesucht hat er sich die Sonderregel mit den Kopfbedeckungen auf der Fahrerlaubnis. Vom Fliegenden Spaghettimonster hatte er gehört, aber sonst wohl nichts darüber gewusst. Auf jeden Fall nicht, was Pastafari zu tragen haben. Deshalb hat er etwas genommen, was es in seiner Küche gab, ein Nudelsieb. Der Führerschein mit dem war ihm genehmigt wurden. Wie sich selbst für manche Behörde erst in der Auseinandersetzung darum herausstellte, gab da es im österreichischen Recht deine Gesetzeslücke. In Deutschland steht irgendwo „Für die Fahrerlaubnis gelten beim Lichtbild die gleichen Vorschriften wie für den Personalausweis“. Diesen Satz haben die Ösis schlicht vergessen. Deshalb kann sich dort beim Führerschein, nicht aber beim Perso, jeder aufsetzen, was er möchte, egal ob religiös oder gar nicht begründet. Somit gab es keine Möglichkeit für die Behörde, Niko seinen Führerschein zu verweigern.
Inzwischen war er Mitinitiator der Initiative gegen Kirchenprivilegien. Da fiel ihm die Fahrerlaubnis ein, die schon zwei Jahre auf dem Amt lag und auf Abholung wartete. Er veröffentlichte sie und das Nudelsieb war in der Welt.
Wir fanden die Aktion toll, haben uns aber gleich gefragt: Wieso Nudelsieb? Das kam für uns nicht in Frage. Wir wollten weiter dem Spaghettimonster und dem Evangelium folgen und haben das auch begründet. Alle, die Niko Alm folgen und ein Nudelsieb tragen, nannten wir fortan Almisten.
Aber natürlich sind wir keine normale Religion, in der Abweichler bekämpft und teilweise sogar komplett ausgerottet werden. Wir sehen die Almisten nicht als Feinde, wir helfen ihnen sogar, wenn wir können. So haben wir ihnen Grafiken und Flyer zur Verfügung gestellt und auch mit geworben, als sie für ihren Rechtsstreit unbedingt 300 Mitglieder brauchten:
„Deshalb lade ich euch nochmals ein, werdet Mitglied unserer Gemeinschaft wenn ihr aus Deutschland kommt und erklärt euch amtlich als Pastafari, wenn ihr Österreicher seid. Auch in der Schweiz gilt es, sich zusammen zu schließen. Wem das alles nichts ist, gründet eine eigene Gemeinschaft. Gemeinschaft macht nicht nur stark, sondern auch Spaß. Aber letztlich gilt immer: Viele Wege führen zum Biervulkan!“
Aufforderungen, dass auch wir das Nudelsieb offiziell als Kopfbedeckung anerkennen, lehnen wir allerdings ab. Das wird auch so bleiben, denn wir haben gute Gründe dafür.
1. Ja, das Pastafaritum kennt keine Dogmen, aber keine Dogmen zu haben, bedeutet nicht, keine Regeln zu haben. Da gibt es vor allem drei Punkte, die wir für wichtig und unbedingt erhaltenswert ansehen, das Prinzip Pastfaritum = Piratentum, die 8 ALWM´s und die Pflicht zum Zweifel.
Was heraus kommt, wenn man das eher locker sieht, zeigt sehr schön die bekannte, aber völlig unsinnige Losung „ES kochte für unsere Sünden“. Was für ein Blödsinn, der ganz klar zeigt, es funktioniert eben nicht, christliche Standards einfach zu übertragen.
Sünden sind Verstöße gegen göttliche Gebote. Die gibt es bei uns gar nicht, also auch keine Sünden. Mal völlig davon abgesehen, dass dieses alberne Konstrukt überhaupt nur Sinn macht bei einem schizophrenen Gott. Nur wenn die Bewusstseinsspaltung mindestens zwei in eins erzeugt hat, kann ja eins geopfert werden, damit das andere zufrieden ist.
Bei uns braucht niemand gekocht zu werden, ES ganz gewiss nicht. ES ist der Schöpfer, der von Anfang an so war.
2. Philosophisch gesehen ist das Nudelsieb ein Antisymbol, ein Symbol gegen Kirchenprivilegien.
Durch diese Anti-Rolle des Nudelsiebes beschränkt dieses das Pastafaritum zu sehr in eine Richtung und macht es beliebig. Es verspottet nur, aber bietet keine Alternative. Wir wollen positiv wirken. Wir bieten die 8 ALWM´s und die 10 Angebote des evolutionären Humanismus als Entwurf einer eigenen Ethik. Das käme mit dem Nudelsieb unter die Räder.
3. Die rechtliche Situation in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, spricht klar für piratige Kopfbedeckung, Dreispitz, Bandana, Tuch u.ä. Wenn man ein Foto mit religiöser bzw. weltanschaulicher Kopfbedeckung auf Ausweis oder Fahrerlaubnis durchsetzen kann, braucht es drei Voraussetzungen. Die erste ist die Anerkennung der Religion/Weltanschauungsgemeinschaft. Das allein reicht aber noch nicht. Weitere Voraussetzung ist, dass man sich zum Tragen der Kopfbedeckung persönlich verpflichtet fühlt. Als Nachweis zählt hier, dass man sie auch wirklich ständig trägt. Möchte ernsthaft jemand immer mit Nudelsieb rumlaufen?
Dritte und letzte Voraussetzung ist, dass sich diese Pflicht auch aus den religiösen Schriften ableiten lässt. In Holland bei Mienke ist es gar nicht erst bis zu dieser dritten Voraussetzung gekommen. Da war schon bei der ersten Schluss. In Canada aber war das anders. Da musste jemand seinen vorläufigen Führerschein mit Nudelsieb wieder abgeben, weil er eben diese Pflicht nicht nachweisen konnte. Mit Dreispitz oder Tuch wäre das nicht passiert, was das Beispiel von Isabelle zeigt.
Na, und ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal ist unsere konsequente Haltung schließlich auch.
Wir werden also weiter dabei bleiben, wir werden aber auch weiter die Almisten als unsere Brüder und Schwestern sehen, die nur auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel auf einen kleinen Abweg gekommen sind.